New Work: Lipstick on a Pig?
Kommt dir das bekannt vor? In Gesprächen mit Führungskräften, HR-Verantwortlichen und Mitarbeitenden höre ich immer wieder die gleichen Sätze:
„Wir machen jetzt New Work.“
„Wir haben flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, agile Teams.“
Und trotzdem fühlt es sich für viele immer noch wie Old Work an.
Wenn du das auch so erlebst, bist du nicht allein. Viele Menschen sind von „New Work“ inzwischen eher frustriert. Warum? Weil es in vielen Unternehmen bei ein paar hübschen Veränderungen bleibt — ohne wirklich anders zu werden. Da wird ein Kickertisch hingestellt, ein Design-Thinking-Workshop gestartet oder ein schicker Co-Working-Space eröffnet. Aber darunter bleibt alles beim Alten: Hierarchie, Kontrolle, fehlendes Vertrauen, starre Machtstrukturen.
Die Amerikaner sagen dazu treffend: „Putting lipstick on a pig“. Du kannst ein Schwein anmalen, so oft du willst — es bleibt ein Schwein.
Echte New Work braucht mehr als Kosmetik. Es braucht ein radikales Umdenken darüber, wie wir zusammenarbeiten — und wie wir führen.

Führung führt nicht — sie managt
Hier liegt ein großer Knackpunkt: Führung führt oft nicht — sie managt nur. Das haben wir alle gelernt:
- Projekte steuern
- Budgets verwalten
- Prozesse absichern
Aber mit Menschen umgehen, sie motivieren, Orientierung geben, Vertrauen schenken — das haben viele Führungskräfte nie wirklich gelernt. Und das ist kein Vorwurf, sondern eine Beobachtung. Über Jahrzehnte hat man Führungskräfte zu Managern gemacht, nicht zu echten Leadern. (Hier ist mehr zum Thema Führung und unser LEAD Modell zu finden)
Es fängt ganz oben an
Wirkliche Transformation beginnt an der Spitze: bei Eigentümern, Eigentümervertretern, Aufsichtsräten und Geschäftsführungen. Wenn dort kein klares Bekenntnis zu echter New Work vorhanden ist, bleibt alles nur Show.
Viele Geschäftsführer:innen spüren selbst Druck und Unsicherheit. Sie haben Angst, Kontrolle oder Macht zu verlieren, wenn sie Freiräume schaffen. Diese Angst ist menschlich — aber sie blockiert Fortschritt. Die Angst ist umso größer, je größer der Druck und das mangelnde Vertrauen von den Eigentümern ist.
New Work scheitert, wenn an der Spitze immer noch Command & Control dominiert.
Nur wenn ganz oben Bereitschaft zur Veränderung besteht, können auch die Führungskräfte im Unternehmen den Wandel gestalten.
Neue Führung als Schlüssel
Neue Führung bedeutet, Menschen ernst zu nehmen, Vertrauen zu leben und Orientierung zu geben. Es geht darum, Räume zu schaffen, in denen andere ihr Bestes geben können. Weniger Mikromanagement, mehr Sinn und Verantwortung. Führungskräfte werden so zu Möglichmacher:innen und Unterstützer:innen — nicht zu klassischen Kontrollinstanzen.
Next Generation of Work bedeutet, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Wir sind keine Maschinen, sondern Individuen mit Bedürfnissen, Emotionen und Hoffnungen. Wenn diese ernst genommen werden, kann Arbeit besser, gesünder und sinnvoller werden.
Marshall Rosenberg, Begründer der Gewaltfreien Kommunikation, beschreibt einige dieser Bedürfnisse, die auch im Arbeitskontext entscheidend sind:
- Sinn (Teil von etwas Größerem sein)
- Wirksamkeit (etwas bewegen können)
- Vertrauen und Sicherheit
- Austausch und Gemeinschaft
- Unterstützung und Inspiration
- Abwechslung und Vielfalt
- Zugehörigkeit
- Wertschätzung
- Gerechtigkeit
- Freude und Leichtigkeit
All das sollte New Work leisten — nicht nur hübsche Oberflächen schaffen.
Was braucht echte Next Generation of Work?
- Einen klaren Unternehmenssinn, der über Profit hinausgeht
- Transparente Strukturen und Befugnisse
- Vertrauen statt ständiger Kontrolle
- Entwicklungsmöglichkeiten — Aufgaben, die fordern und fördern
- Gemeinschaft und echte Kommunikation
- Sicherheit und Fairness
- Mut, Arbeit zu reduzieren oder zu automatisieren, wenn sie keinen Sinn mehr macht
- Freude, weil diese alle spüren: Kolleg:innen, Führungskräfte, Kund:innen
Führungskräfte haben eine Schlüsselrolle, diesen Rahmen zu schaffen. Aber ohne Rückendeckung ganz oben bleibt jeder noch so engagierte Versuch stecken. Eigentümer und Geschäftsführungen müssen selbst bereit sein, Vertrauen zuzulassen und Sinnorientierung vor kurzfristige Ziele zu stellen.
Also bitte: Hört auf, das arme Schwein zu schminken. Fangt an, wirklich Neues zu schaffen.
New Work darf kein Marketingstempel bleiben. Es muss ernst gemeint sein, mit echter Verantwortung für Menschen, nicht nur für Zahlen. Nur dann entsteht eine Arbeitswelt, in der Menschen aufblühen — und Unternehmen langfristig erfolgreich bleiben.
Wenn ihr Unternehmen kennt, die Next Generation of Work und Neue Führung bereits ernsthaft leben, freue ich mich sehr über eure Hinweise. Ich hole solche Beispiele gerne vor den Vorhang — damit wir alle sehen, dass New Work mehr sein kann als nur ein hübsches Etikett.
Und falls ihr selbst merkt, dass ihr mehr wollt als nur das Schwein zu schminken, sondern wirklich radikal neu über Arbeit nachdenken möchtet, unterstütze ich euch gerne dabei. Gemeinsam können wir herausfinden, wie echte New Work in eurem Unternehmen aussehen kann — klar, menschenzentriert und mit Wirkung. Meldet euch einfach.
Interesse an einem Plausch?
Hast Du Herausforderungen im Team oder als Führungskraft und möchtest gerne darüber sprechen. Buche einen kostenlosen Kennenlerntermin mit mir (persönlich bei einem Kaffee oder online).
- Über
- Artikel
Werner Illsinger ist Wirtschaftspsychologe, Unternehmensberater, Lektor an der FH-Kärnten und Experte für digitale Transformation. Nach Führungspositionen bei Microsoft und Raiffeisen unterstützt er Unternehmen dabei, sich strategisch und kulturell für die Zukunft aufzustellen. Fokus: Leadership & Kulturwandel.